Seit drei Jahren plant und realisiert Monika Wirz im Rahmen des Projekts «Diversität fördern – Vielfalt stärken» von Pro Natura Schaffhausen jährlich etwa 30 Einsätze mit lokalen Schulklassen. Die Schaffhauser Kantonalbank unterstützt dieses Projekt seit diesem Jahr als Partnerin. Bei einem Nachmittag mit einer Oberstufenklasse an der frischen Luft war einiges über dieses Engagement zu erfahren.

veröffentlicht am 12. Mai 2023

Pro Natura Schaffhausen Neophyten

Dicke Regenwolken hängen über Herblingen, grau in grau zeigt sich das Industrie- und Gewerbegebiet rund um den Bahnhof. Doch da schimmert ein bisschen Grün durch den düsteren Schleier: Das Landi-Areal ist eingesäumt von einigen Streifen Wiese, wenigen Bäumen und losem Gestrüpp. Auf dem Parkplatz steigt eine Frau bepackt mit Schaufeln, Kübeln und Gartenwerkzeug aus einem Camper. Monika Wirz stellt sich vor: Seit drei Jahren leitet sie das Projekt «Diversität fördern – Vielfalt stärken» von Pro Natura Schaffhausen und verwandelt dabei mit Schulklassen aus der Region bislang ökologisch wertlose Grünflächen in kleine Oasen für Flora und Fauna. «Gestartet haben wir mit Lebensräumen für Wildbienen rund um den Herblinger Markt. Zuerst hatte ich Bedenken, ob wir dort überhaupt etwas bewirken können. Diese Zweifel zerschlugen sich aber rasch, denn schon bald entdeckten wir auf der angrenzenden Wiese seltene Wildbienen- und Pflanzenarten.» Dank ihres umfangreichen Netzwerks in den regionalen Umweltverbänden sowie der engen Zusammenarbeit mit Grün Schaffhausen und einem regionalen, naturnahen Gartenbauer finden sich fortlaufend weitere Standorte für neue Projekte im städtischen Siedlungsgebiet.

Erfolgserlebnisse motivieren

In der Zwischenzeit hat sich ein Grüppchen vor dem Transporter versammelt. Und weiter schlendern sie von allen Seiten heran, die Jugendlichen der zweiten Oberstufe vom Schulhaus Gräfler. Sie sind nicht das erste Mal für dieses Projekt im Einsatz, erzählt ihr Lehrer Pedro Meier: «Wir kommen nicht nur raus aus dem Klassenzimmer, sondern motivieren uns auch durch gemeinsame Erfolgserlebnisse und staunen darüber, wie sich entwickelt hat, was wir im letzten Frühling geschafft haben.» Er zeigt auf einen Zaun aus Zweigen und Ruten, schön strukturiert durch senkrechte Holzpfosten – eine sogenannte Benjeshecke aus Totholz, die Abgrenzung zum Aussenbereich und Lebensraum für verschiedene Tierarten zugleich bietet.

Selbstständig verstaut die Gruppe ihr Gepäck im Camper, der Monika Wirz als mobiles Projektbüro dient, und rüstet sich mit gelb leuchtenden Warnwesten aus. «Sie dienen nicht nur der besseren Sichtbarkeit, sondern sorgen auch für Aufmerksamkeit», so Monika Wirz, «die Jugendlichen sind für ihre Nachbarschaft im Einsatz, das hat eine positive Wirkung auf die Bewohnerinnen und Bewohner.» Im eigenen Quartier etwas schaffen, das bestehen bleibt und Vorzeigecharakter hat, das macht die Jugendlichen stolz und spornt an. So braucht die Projektleiterin nicht zweimal zu bitten, schon schnappen sich die Mädchen und Jungen Rechen, Krautstecher oder Schaufel.

Eingewanderte Pflanzen eliminieren, einheimische forcieren

Während einige Schülerinnen und Schüler die kleine Böschung hin zum Bahnhof mit Rechen von welken Blättern befreien, nimmt Pedro Meier ein paar Jugendliche mit, um entlang der Gennersbrunnerstrasse Totholz zu sammeln. Nach 30 Minuten ist der Grünstreifen frei für die Suche nach einem ganz bestimmten, hartnäckigen Neuzuzüger: dem Berufkraut. Der nordamerikanische Einwanderer sieht ein wenig aus wie eine zu gross geratene Margerite, überwuchert gerne ganze Flächen und verdrängt dadurch die wertvollen einheimischen Gewächse. «Hier in Herblingen gibt es zwischen Industrie und Gewerbe so viele Brachen, das ist ein Traum für Neophyten wie das Einjährige Berufkraut. Man findet invasive Arten hier bis in den Wald hinein», erzählt Monika Wirz besorgt. Ihr junges Helferteam kennt den unerwünschten Gast bereits von vergangenen Einsätzen und bekämpft das Übel an seiner Wurzel rasch und effektiv.

An der gesäuberten Böschung holt ein Junge gerade mit seiner Spitzhacke aus, um die Erde für die Bepflanzung mit einheimischen Stauden vorzubereiten. Er und seine drei Freunde haben die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, denn die Bise hält sich hartnäckig. Sobald die junge Wildstaude eingegraben ist, sollen Holzschnitzel die Erde bedecken, um den Boden um die Pflanze feucht zu halten. Monika Wirz mahnt die Jugendlichen zu mehr Fokus, damit am Ende nicht die ganze Böschung mit Schnitzeln bedeckt ist. «Zeit für eine Pause», stellt die erfahrene Umweltfachfrau fest.

Ein Häppchen Naturkunde zum Zvieri

Im Landi-Gebäude wärmen sich die Jugendlichen auf. Ein Schoggistengel und ein Becher Süssmost helfen der Konzentration der Schülerinnen und Schüler wieder auf die Sprünge. Monika Wirz erzählt währenddessen etwas über die früher häufige, heute gefährdete Schlingnatter, für welche die Klasse im letzten Herbst ein Winterquartier in die Böschung gebaut hat. Alle hören gebannt zu und schauen sich die Bilder des scheuen einheimischen Reptils an, das selbst die Projektleiterin noch nie zu Gesicht bekommen hat.

Zufrieden machen sich die 15 Teenager noch an den letzten Rest der Arbeit. «Die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler sind positiv. Einige erzählen mir, dass sie zu Hause im Garten versuchen umzusetzen, was sie während des Einsatzes gelernt haben – das freut mich natürlich sehr», so Monika Wirz. Sie legt grossen Wert darauf, den jungen Leuten zu vermitteln, mit welch einfachen Mitteln sie selbst im kleinsten Rahmen eines dicht bebauten Siedlungsraums etwas bewirken können. Ihre Projekte beruhen auf einem Konzept von wirkungsvoller Zusammenarbeit und Partnerschaft: Nur, wenn Auftraggeber, Organisationen wie Pro Natura, Schulen und unterstützende Unternehmen zusammenspannen, lassen sich Umweltbildung, Naturschutz und Quartierpflege verbinden. Die Planung der aufwendigen Arbeiten im Projekt «Diversität fördern – Vielfalt stärken» von Pro Natura Schaffhausen ist nur dank materieller Hilfestellung und finanziellem Sponsoring möglich. «Wir sind sehr froh um unsere Partnerschaften, denn nur so können wir 30 eng begleitete Schulklasseneinsätze pro Jahr durchführen», erzählt Monika Wirz. Seit diesem Jahr unterstützt auch die Schaffhauser Kantonalbank das Schulklassenprojekt der Pro Natura Schaffhausen – ein Gewinn für alle Beteiligten und die Natur.

Pro Natura Schaffhausen Holzschnitzel
Pro Natura Schaffhausen Totholz
Pro Natura Schaffhausen Unkraut

Partnerschaft Seit 2023 unterstützt die Schaffhauser Kantonalbank Pflegeeinsätze von Schulklassen im Rahmen des Projekts «Diversität fördern – Vielfalt stärken» von Pro Natura Schaffhausen. Pro Jahr finden ca. 30 Einsätze im Siedlungsgebiet statt. Mehr über das Projekt ist unter www.pronatura-sh.ch zu erfahren.

 

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