Interview SRI

Rico Steinemann, die Schaffhauser Kantonalbank hat eine umfassende IT-Abteilung, die fast alle Leistungen von der Programmierung der Software bis zum IT-Support inhouse erbringt. Was sind die Vor- und Nachteile dieser Strategie?

Die SHKB ist in dieser Hinsicht eher eine Exotin in der Schweizer Bankenlandschaft. Die Vorteile unserer Strategie sind kurze Wege, hohe Flexibilität und Agilität. Da wir sehr viele Leistungen eigenständig erbringen, sind wir autarker. Dadurch verstehen wir unsere eigenen Bedürfnisse genau und haben eine klare Vorstellung davon, welche Technologien und Lösungen wir wirklich brauchen und zu uns passen. Das ist bei einer hochkomplexen IT-Architektur mit einer gewachsenen Infrastruktur und zahlreichen Schnittstellen entscheidend. Eine solche Strategie ist anspruchsvoll, sie bewahrt uns aber auch vor unnötigem Koordinationsaufwand und Fehlinvestitionen. Hinzu kommt, dass wir in Supportfällen sehr schnell reagieren und fehlerhafte Services innert kürzester Zeit wiederherstellen können. Unsere IT- Mitarbeitenden kennen die Systeme und deren kritische Relevanz für unsere Bank – das hilft, um Störungen rasch zu beheben.

Die zunehmende Komplexität, getrieben durch die rasante Digitalisierung des Bankgeschäfts, bedeutet auch einen stetigen Anstieg der Anforderungen an die IT. Um diesen gerecht zu werden, benötigen wir immer mehr spezialisiertes Fachpersonal. Die richtigen Spezialistinnen und Spezialisten zu rekrutieren und zu halten, ist eine permanente Challenge. Aktuell suchen wir beispielsweise neue Teammitglieder für unser Applikationsmanagement, die Bewirtschaftung unserer Netzwerke und den IT-Support.

Die technologischen Veränderungen waren in den letzten Jahren gross und schreiten weiter zügig voran. Welchen grossen Herausforderungen müssen sich Banken bezüglich IT heutzutage stellen?

Technologische Entwicklungen führen laufend zu Veränderungen – das macht unsere Disziplin aus. Herausfordernd sind für uns eher Fragen rund um unterschiedliche Betriebsmodelle wie die Auslagerung von Daten in eine Cloud oder den Trend in Richtung «Software as a Service» (SaaS). Aufgrund der Wettbewerbssituation der Finanzdienstleister untereinander und der sich rasch verändernden Kundenbedürfnisse müssen wir in immer kürzeren Zyklen neue Services und Funktionalitäten in unser Gesamtsystem implementieren. Dieses Tempo stellt in Kombination mit den steigenden regulatorischen Anforderungen an Banken eine grosse Herausforderung für uns dar. 

Wir sind eine Bank mit einer starken eigenen IT. Deshalb müssen wir uns mit Blick auf den SaaS-Trend sehr genau überlegen, wie wir damit umgehen, dass immer mehr Software-Hersteller zu kompletten Lösungsanbietern werden. Während wir heute relativ autark entscheiden, was wir installieren, warten oder selbst weiterentwickeln, werden wir in Zukunft mehr Kontrolle abgeben müssen. Dies wird uns hinsichtlich Schnittstellenkoordination, Sicherheit und Lieferantenmanagement sicher vor weitere Herausforderungen stellen. 

Wie wird künstliche Intelligenz den IT-Bereich in den kommenden Jahren verändern? Wo liegen Chancen, wo Gefahren?

Chancen sehe ich in der Arbeitsunterstützung und in der Abwicklung von bestimmten Arbeitsabläufen. Zum Beispiel kann ein KI-gesteuertes Überwachungssystem uns viel schneller den Ursprung einer Störung im System anzeigen und so einen Teil der Analyse abnehmen. Zudem hilft KI uns dabei, die Sicherheit zu erhöhen: Malware wird verlässlicher erkannt und Datenabflüsse werden noch schneller eruiert und verhindert. Eine Gefahr liegt für mich darin, dass wir dieser Technologie zu viel zutrauen und uns zu stark auf sie verlassen. Gerade im IT-Bereich benötigen wir fähige Fachkräfte, welche die Resultate der KI interpretieren können. Eine KI lernt von Daten, die Menschen generieren, und kann somit auch Fehler machen. Die Kombination aus Mensch und Maschine kann allerdings in vielerlei Hinsicht einen deutlichen Mehrwert schaffen.

---

Veröffentlicht am 15. Februar 2024

 

Zurück zum Magazin

Rico Steinemann